Aufhebungsvereinbarung und Arbeitslosenkasse – worauf Arbeitnehmende achten sollten

Immer mehr Arbeitgeber bieten an, ein Arbeitsverhältnis „im gegenseitigen Einvernehmen" zu beenden, oft als scheinbar elegante Lösung, um eine Kündigung zu vermeiden. Doch Vorsicht: Wer eine Aufhebungsvereinbarung unterschreibt, kann bei der Arbeitslosenversicherung (ALV) schnell in Schwierigkeiten geraten. Die Arbeitslosenkasse prüft genau, ob jemand seine Arbeitslosigkeit selbst mitverschuldet hat oder ob noch Lohnansprüche bestehen, die einen Taggeldanspruch ausschliessen. Ausserdem verzichten die Arbeitnehmenden bei der Unterzeichnung einer Aufhebungsvereinbarung meist auf die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses im Krankheitsfall und auf die Möglichkeit, die Kündigung wegen Missbräuchlichkeit anzufechten.

1. Eine Aufhebungsvereinbarung gilt wie eine Selbstkündigung

Nach den offiziellen Richtlinien des SECO für die Arbeitslosenentschädigung (AVIG-Praxis / Rz. D24) gilt eine Auflösung „im gegenseitigen Einvernehmen" grundsätzlich als Selbstkündigung. Das bedeutet, dass die Arbeitslosenkasse davon ausgeht, dass Sie freiwillig auf Ihre Stelle verzichtet haben. Wenn Sie also ohne zwingenden Grund zustimmen, das Arbeitsverhältnis vorzeitig zu beenden, riskieren Sie eine Sanktion in Form sogenannter Einstelltage. Das sind Tage, an denen Sie zwar arbeitslos gemeldet sind, aber kein Taggeld bzw. keine Arbeitslosenentschädigung erhalten.

2. Einstelltage – wie viel kann gestrichen werden?

Das Gesetz unterscheidet drei Stufen (Art. 45 AVIV):
- Leichtes Verschulden: 1–15 Tage
- Mittleres Verschulden: 16–30 Tage
- Schweres Verschulden: 31–60 Tage

Die Nicht-Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist gilt dabei als erschwerender Faktor. In der Praxis liegen die Einstelltage bei Aufhebungsverträgen meist bei ca. 40 Tagen, wenn keine triftigen Gründe vorliegen.

3. Kein Taggeld, solange der Arbeitgeber noch zahlt

Selbst wenn Sie sofort freigestellt oder das Arbeitsverhältnis aufgehoben haben, prüft die Arbeitslosenkasse, ob der Arbeitgeber noch Lohn oder eine Abgangsentschädigung bezahlt. Gemäss Art. 10h AVIV gilt:

„Wird das Arbeitsverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen vorzeitig aufgelöst, so wird kein Arbeitsausfall angerechnet, solange die Leistungen des Arbeitgebers den Einkommensverlust während dieser Zeit decken."

Solange der Arbeitgeber also weiter Lohn oder eine Entschädigung zahlt, besteht kein Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die ALV „wartet" also, bis diese Zahlung wirtschaftlich aufgebraucht ist.

4. Abgangszahlungen können die Taggelder weiter hinausschieben

Wenn der Arbeitgeber eine freiwillige Abfindung oder zusätzliche Zahlung leistet, prüft die Kasse, ob diese einen weiteren „nicht anrechenbaren Arbeitsausfall" bewirkt. Laut AVIG-Praxis ALE (Rz. B122) ist dies der Fall, wenn solche freiwilligen Leistungen den Höchstbetrag von CHF 148'200 (Art. 3 Abs. 2 AVIG) übersteigen. Bei freiwilligen Zahlungen über CHF 148'200.00 verschiebt sich die Ausrichtung von Arbeitlosenentschädigung ebenfalls nach hinten. Bei grossen Abfindungen kann es sich also anbieten, dass z.B. ein Teil der Abfindung als Einlage in die Pensionskasse geleistet wird. Die freiwilligen Leistungen des Arbeitgebers, welche für die berufliche Vorsorge verwendet worden sind, werden von den freiwilligen Leistungen bis zum Grenzbetrag von CHF 90 720 abgezogen (wird regelmässig angepasst). Die Arbeitslosenkasse muss sich die Zweckbindung durch die Vorsorgeeinrichtung bestätigen lassen.

5. Wenn Sie auf Lohn oder Kündigungsfrist verzichten

Besonders heikel ist es, wenn Sie im Aufhebungsvertrag auf die Einhaltung der Kündigungsfrist oder auf Lohnansprüche verzichten. Dann geht die Arbeitslosenkasse davon aus, dass Sie freiwillig auf Einkommen verzichtet haben, was ein klarer Fall von selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit darstellt (AVIG-Praxis Rz. C216). Das führt fast immer zu Einstelltagen, also einer Kürzung Ihrer Taggelder.

6. Wann ist eine Aufhebungsvereinbarung unproblematisch?

Die Kasse akzeptiert eine einvernehmliche Lösung in der Regel ohne Sanktion, wenn:
- Sie bereits eine neue Stelle zugesichert haben,
- ein wichtiger Grund bestand (z. B. gesundheitliche Gründe - vom Arzt vor der Kündigung bestätigt).
- oder wenn Sie keine finanziellen Nachteile erleiden (volle Lohnzahlung bis zum ordentlichen Endtermin).
Ob mit Sicherheit keine Einstelltage verfügt werden, kann im Prinzip jedoch nur gesagt werden, wenn der Aufhebungsvertrag der Arbeitslosenkasse im Vorfeld zur Prüfung unterbreitet wird.

7. Fazit: Vorher genau prüfen

Bevor Sie eine Aufhebungsvereinbarung unterschreiben, sollten Sie:
1. Darauf achten, dass die ordentliche Kündigungsfrist eingehalten oder durch Lohnzahlung abgegolten wird.
2. Sicherstellen, dass Sie bis zum regulären Kündigungstermin wirtschaftlich gleichgestellt sind.
3. Keine Verzichtserklärung auf Lohn, Bonus, Ferien oder Kündigungsfrist unterschreiben, ohne die Folgen zu kennen.
4. Die Arbeitslosenkasse oder eine Fachperson vorab konsultieren, gerade wenn unklar ist, ob eine neue Stelle folgt.

Kontakt: lic. iur. Stefan Fierz, Advokat, Fachanwalt SAV Arbeitsrecht

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